Ein sehr zentraler Punkt in den Matthäus 10 & Lukas 10 Texten ist die Person des Friedens.
Wir suchen eine Person, die offen ist für die Gute Nachricht und die ihr soziales Netzwerk für dieses Evangelium öffnet.

Zunächst wieder die beiden Textstellen:

In welches Haus ihr aber eintretet, sprecht zuerst: Friede diesem Haus! Und wenn dort ein Sohn des Friedens ist, so wird euer Friede auf ihm ruhen; wenn aber nicht, so wird er zu euch zurückkehren. In diesem Haus aber bleibt, und esst und trinkt, was sie haben! Denn der Arbeiter ist seines Lohnes wert. Geht nicht aus einem Haus in ein anderes! Und in welche Stadt ihr kommt, und sie nehmen euch auf, da esst, was euch vorgesetzt wird, und heilt die Kranken darin und sprecht zu ihnen: Das Reich Gottes ist nahe zu euch gekommen.
Lukas 10, 5-9 (Revidierte Elberfelder Bibel, meine Hervorhebung)

Wenn ihr aber in eine Stadt oder in ein Dorf einkehrt, so forscht, wer darin würdig ist; und dort bleibt, bis ihr weggeht! Wenn ihr aber in das Haus eintretet, so grüßt es! Und wenn nun das Haus würdig ist, so komme euer Friede darauf; wenn es aber nicht würdig ist, so wende sich euer Friede zu euch zurück.
Matthäus 10,11-13 (Revidierte Elberfelder Bibel, meine Hervorhebung)

Es hilft sehr, wenn wir uns bewusst machen, in welcher Situation Jesus dies seinen Jüngern aufgetragen hat (den 12 oder 70, je nach Text), daher kurz noch mal die Zusammenfassung, was die Jünger machen sollten: Sie sollten den Herrn der Ernte um Arbeiter bitten, sie sollten zu zweit in unterschiedliche Orte gehen, sie sollten das Evangelium des Reiches verkünden und Kranke heilen.

Und sie sollten bei all dem forschen, wer darin würdig ist. Und dort (bei dieser Person, in diesem Haus) sollten sie bleiben, bis sie wieder weggingen.

Wir reden hier also von einem Pionierkontext, der zudem äußerst mobil ist: Die Jünger hatten keine feste Basis, kein Zuhause, zu der sie jeden Abend wieder zurückkehrten, um sich im eigenen Bett schlafen zu legen (vgl. Luk 9,58). Mit anderen Worten: Die Jünger waren darauf angewiesen, dass jemand ihnen gegenüber offen und gastfreundlich war.

Stellen wir uns einmal vor, wir würden heute in einem ähnlichen Kontext agieren. Und damit es einfacher ist, sich von unseren normalen Denkstrukturen zu lösen, gehen wir davon aus, dass wir Missionare in Afrika oder Indien sind und uns zu Fuß in ein abgeschiedenes Dorf aufgemacht haben. Wir gehen zu zweit in dieses Dorf, in dem wir niemanden kennen. Wir wollen den Anweisungen Jesu (aus Matthäus & Lukas 10) folgen, was machen wir?

Wir beten, gehen in das Dorf und hoffen (und beten), dass wir jemanden finden, der an unserer Botschaft Interesse hat und uns aufnimmt. Wer die beiden Texte genau liest und vergleicht, wird sehen, dass das Predigen und Heilen in beiden Texten an unterschiedlichen (zeitlichen?) Stellen vorkommt. Manchmal vor dem Kennenlernen der Person des Friedens, manchmal danach. Diese Unschärfe zeigt mir, dass wir flexibel mit dem Ganzen umgehen können.
Wir sehen auch, dass Jesus in Lukas 10 explizit von einem Sohn des Friedens sprach, in dessen Haus die Jünger bleiben sollten, im anderen Text sollten sie „forschen, wer würdig ist“ und dann in diesem Haus, auf das der Friede der Jünger kommt, bleiben. In beiden Texten geht es aber darum, dass jemand den Jüngern gegenüber offen und gastfreundlich war.

Die Jünger sollten nicht von Haus zu Haus ziehen, sondern in diesem Haus des Friedens bleiben. Die gute Nachricht vom Reich würde von dort aus zu anderen kommen.

Beispiele für Personen des Friedens gibt es viele, hier einmal drei aus der Apostelgeschichte:

  • Kornelius (Apg 10,25-48)
  • Lydia (Apg 16,13-15.40)
  • Kerkermeister von Philippi (Apg 16,29-34)

Entscheidend ist für mich nicht, die Person des Friedens komplett zu kategorisieren, es geht einfach um Schlüsselpersonen, die selbst offen für das Evangelium sind und ihr soziales Netzwerk (ihren Haushalt, griechisch: Oikos, der mehr war als nur die Verwandten) für das Evangelium zu öffnen.

Genau nach solchen Leuten sollten die Jünger forschen und genau nach diesen Leuten sollten wir meines Erachtens auch heute tun:

Wir sollten nach Schlüsselpersonen suchen, die entweder bereits offen für Jesus sind oder durch das, was wir ihnen sagen bzw. was Gott unter ihnen tut (durch Zeichen oder Gebetserhörungen), offen werden. Und dann in ihrem Haus – also bei ihnen – bleiben. 

Wie sieht das konkret in unserer Arbeit aus?

 
Die Schritte sollten mittlerweile bekannt sein: Wir fangen an zu beten, gehen immer wieder an bestimmte Orte, reden mit Leuten, helfen praktisch, beten für sie und suchen nach Offenheit für Gott, aber auch uns als Person gegenüber: Das merkt man sehr schnell: Mancher ist offen, lässt für sich beten, bittet uns sogar rein, trinkt einen Tee mit uns, äußert selbst Interesse an Jesus.

Wenn wir für jemanden beten dürfen (egal für was: einen Job, Gesundheit oder ein anderes Anliegen), fragen wir, ob wir in ein paar Wochen noch einmal (vorbeikommen und) nachfragen können, ob Gott etwas getan hat. Das machen wir gerade in Bezug auf Gebete, bei denen man Gott Zeit geben muss, zu wirken (einen Job bekommt jemand vermutlich nicht direkt im Gespräch mit uns, man wird auch nicht schwanger vom Gespräch mit uns).

Meist erhalten wir dann eine direkte Einladung, noch einmal wieder zu kommen, an der Uni gibt uns jemand seine Handynr oder Emailadresse oder connected über Facebook mit uns. Entscheidend ist nicht, dass die Person sich im Erstkontakt bekehrt, sondern nur, dass sie offen dafür ist, noch zumindest einen weiteren Kontakt mit uns zu haben.

Irgendwann kommt der Moment, an dem wir fragen, ob jemand Lust darauf hat, bei sich zu Hause oder an einem neutralen Ort (Mensa, Cafeteria, Kneipe) die Bibel zu lesen.
Manchmal ist das schon im ersten Gespräch, manchmal erst nach einigen Treffen. Wichtig ist dabei, einfach auf Jesus zu hören und seinem Rat zu folgen.

Wenn wir da angekommen sind, wollen wir in diesem Haus des Friedens das Evangelium pflanzen. Dies werden wir uns in Teil 6 der Reihe anschauen.

Wie finden wir Personen des Friedens?

 
Manchmal werde ich gefragt, wie man denn herausbekommt, wer eine Person des Friedens ist?
Natürlich gibt es Ansatzpunkte, die auf eine Person des Friedens deuten: Personen des Friedens sind meist gut vernetzt mit anderen Personen, sie sind keine „einsamen Inseln“, oft sind sie auch engagiert in ihrem Viertel, Stadtteil oder Hobby. Ich erinnere mich, dass Johannes Reimer einmal von Change Agents sprach. Dieser Gedanke hat uns in Essen zum Beispiel geholfen, unsere erste Person des Friedens zu finden.

Aber oft kann man es einer Person nicht ansehen, ob sie gut vernetzt oder eher einsam ist. Man kann auch nicht von außen sehen, ob jemand offen für Jesus ist.
Ying Kai sagt daher einfach: Du musst allen von Jesus erzählen, du musst alle trainieren, du weißt vorher nicht, wer offen ist.

Das ist ein guter Ratschlag, aber eine Anschlussfrage, die ich oft höre, ist:

Wie kommen wir vom Erstkontakt zum Zweitkontakt?

 
Die kurze Anwort ist: Frag danach!

Die Leute können nicht ahnen, dass du Interesse an einem weiteren Kontakt hast.
Einen konkreten Tipp habe ich bereits gegeben: Wenn du für jemanden betest, frag nach, ob du nochmal nachfragen kannst, ob Gott etwas getan hat.

Einen anderen Tipp habe ich von meinem Freund Peter Farmer aus England gelernt:

Wenn er mit jemandem irgendwie über was Geistliches gesprochen hat (egal wie tief), fragt er:

  • Hey, ich unterhalte mich gerne über diese Themen. Hast du Lust, dich nochmal zu treffen und weiter darüber zu reden?
  • Wenn ja, frag: Wann und wo wollen wir uns treffen? (Wichtig: Nicht bei sich selbst, wir wollen ja hingehen)
  • Und um herauszubekommen, ob die Person offen dafür ist, ihr soziales Netzwerk zu öffnen, frag: Kennst du noch jemanden, den zu unserem nächsten Treffen dazu einladen könntest?
Dieselben Fragen kann man dann natürlich auch am Ende eines zweiten Treffens stellen, bis man dazu kommt, konkret die Bibel zu lesen.

Es ist oft viel einfacher als man denkt: Wir müssen nur genug säen, dann werden wir auch Personen des Friedens sehen.

Wer noch ein bisschen tiefer einsteigen möchte: Mein Freund Helge Pöstges hat zu dem Thema „Person des Friedens“ seine IGW-Abschlussarbeit geschrieben, sie ist hier zu bekommen.

 

PS: Wer sich gefragt hat, warum ich so lange nichts gebloggt  habe: Leider ist meine Zeit bisher begrenzt und vor dem Schreiben kommt bei mir immer Gründen, Trainieren und Coachen. Erst wenn danach noch Kapazität bleibt, kann es hier weiter gehen. An Ideen für Posts mangelt es nicht. Und zwischendurch wollen auch immer wieder T-Shirts oder Wandtattoos verkauft werden. :-)