jesusvielleichtglueck

Auch wenn die Illustration die Problematik, um die es in diesem Post gehen soll, etwas überspitzt, steckt in ihr sehr viel Wahrheit.

Denn letztlich bin ich früher genau so an die Sache rangegangen:
Meine Gedanken waren kurz zusammengefasst etwa so:
Jesus hat damals geheilt, er hat die Jünger ebenfalls dazu ausgesandt, dasselbe zu tun und Wunder sind nach Jesu Auferstehung durch die Jünger passiert (z.B. Apg 5,12). Und Gott heilt heute auch noch. Der Auftrag aus Matthäus 10 oder Lukas 10 gilt uns heute auch noch. Daher will ich für Heilung beten, wann immer ich die Möglichkeit dafür habe.Aber ob Gott wirklich in der jeweiligen Situation heilen will, das liegt nicht bei mir, sondern bei Gott. Was weiß ich, was er möchte? Aber wenn ich nicht für Heilung bete, kann Gott mein Gebet ja auch nicht erhören. Daher lieber dafür beten, das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass Nix passiert. Dann doch lieber dafür beten.

 

Glück hätte ich es wohl nicht genannt, aber letztlich hatte es was von Münze werfen, frei nach dem Motto: „Wenn ich die Münze nicht werfe, werde ich nie rauskriegen, ob sie auf der Zahl landet.“
Ich habe nie angezweifelt, dass Gott heilen kann. Aber ich vertrat den Standpunkt, dass ich schließlich nicht wissen kann, was in der jeweiligen Situation der „souveräne Wille Gottes“ sei. Aber ich werde nicht rauskriegen, ob Gott heilen will, wenn ich nicht dafür bete.Wenn ich mit Christen über das Thema Heilung gesprochen habe (und das habe ich in letzter Zeit öfter), dann hab ich oft diese Haltung wahrgenommen.

Oft bewirkt das dann auch, dass Christen sehr wenig für Heilung beten oder nur dann, wenn wir wirklich mit unserem Latein am Ende sind, dann in der Regel aber immer mit dem Zusatz: „Aber wenn es nicht dein Wille ist, dann schenk ihm/ihr Kraft, dich im Leid zu verherrlichen.“Mich hatte vor etwa 15 Jahren mal ein Freund herausgefordert, einfach für die nächsten 100 Leute zu beten, die Gebet brauchen: „Du wirst erleben, dass Menschen nicht gesund werden, aber die Male, in denen Menschen gesund werden, werden dich motivieren, weiter zu machen.“
So bin ich das damals dann auch angegangen. Leuten Gebet anzubieten – und sei es für einen Schnupfen oder vorübergehende Knieschmerzen – hat immer wieder Überwindung gekostet, da es selbst in christlichen Kreisen (zumindest in denen, ich mich rumgetrieben habe) nicht normal war, dafür so einfach zu beten.
Und ja, ich habe erlebt, dass Menschen gesund geworden sind. Hier und da waren es vermeintlich kleinere Heilungen, ab und zu wurden auch Dinge gesund, bei denen die Ärzte noch nicht einmal wussten, worin das Problem lag. Aber letztlich hab ich immer mit dem oben genannten Ansatz gebetet. Vielleicht will Gott, vielleicht nicht.Manchmal hab ich in Gebetsgemeinschaften auch erlebt, dass Gott überredet werden sollte, zu heilen: „Gott, du weißt doch, was Bruder Soundso alles schon für dich geleistet hat und was er noch für dich leisten könnte, wenn du ihn gesund machst.“ Oder wir Gott in Erinnerung gerufen haben, was die betreffende Person doch bisher für ein hingegebenes Leben gelebt hat. Oder dass wir ihn daran erinnerten, was für ein schweres Los die Hinterbliebenen tragen müssten.
Letztlich irgendwelche Versuche, Gott dazu zu bringen, die Person zu heilen. Selbst von „Kuhhandeln“ habe ich gelesen: „Gott, wenn du meinen Sohn heilst, dann widme ich ihn dir. Er soll tun, was du von ihm willst.“

Gebetsketten werden hier und da eingerichtet, Menschen werden zum Gebet mobilisiert, auf dass entweder ununterbrochen für das Anliegen gebetet wird oder möglichst viele parallel für das Anliegen eintreten.

So richtig begründet (rational oder auch biblisch) wurden diese Aktionen meist nicht, bei mir bildete sich Bild von einem Gott, der eigentlich nicht heilen will, aber doch irgendwie, aber nur dann, wenn ein bestimmte Menge an Gebeten bei ihm ankamen. Entweder viele gleichzeitig oder aber viele über einen größeren Zeitraum. Und wenn noch dabei gefastet wurde, dann zählten die Gebete irgendwie doppelt.

Klingt absurd für euch? Oder könnt ihr euch oder euer Umfeld darin wieder finden?
Ich schreibe einfach nur auf, wie ich viele Jahre gebetet habe und wie ich Gebet für Heilung erlebt habe.

Ausgehend von dieser Sichtweise kamen die meisten oft auch zu folgendem Umkehrschluss:

Wenn wir für Heilung gebetet haben und Onkel Karl, Tante Petra, Freundin Sonja oder Freund Martin nicht geheilt wurden und vielleicht sogar an der Krankheit gestorben waren, dann kommen viele Christen zu dem Schluss, dass Gott in dieser Situation einfach nicht heilen wollte. Denn dafür gebetet haben wir ja. Und mehr können wir nicht tun. Wenn Gott nicht heilen will, sondern unsere geliebte Person zu sich rufen wollte, dann müssen wir das auch akzeptieren. Wer sind wir, dass wir Gott vorzuschreiben haben, was er tun soll? Er ist der Töpfer, wir sind der Ton.

Ich habe sogar Situationen bei mir selbst vor Augen, in denen ich Gott gefragt habe, wie ich beten soll. Ob ich um Heilung beten soll oder um Kraft für die schwierige Situation. Denn ich wollte nicht um Heilen beten, wenn Gottes souveräner Plan es war, die betreffende Person zu sich zu holen.
Ich habe da drei sehr konkrete Situationen vor Augen, in denen mir Bilder oder Verse in den Sinn kamen, die mich dazu brachten, zu glauben, dass Gott nicht heilen wollte.
Diese konkreten Situationen waren für mich später, als sich mein Denken zu dem Thema radikal geändert hatte, am schwierigsten einzuordnen. Hatte ich mich damals total verhört oder die Bilder falsch interpretiert oder waren es am Ende gar nicht Gottes Impulse gewesen? Inzwischen habe ich Antworten für mich darauf gefunden, aber damals half mir das wenig.
Zwei dieser Situationen betrafen enge Freunde von mir, sodass ich vor und auf den beiden Beerdigungen viel geweint habe.

Warum schreibe ich das? Zum einen möchte ich zeigen, was meine Ausgangsbasis war, zum anderen um bei aller Sensibilität, die mir bei dem Thema Heilung sehr wohl bewusst ist, deutlich zu machen, dass ich das Gottesbild, das sich dahinter verbirgt, nicht mehr teile.

Der im 19. Jahrhundert geborene Prediger F.F. Bosworth brachte die Problematik von einem Gott, der kann, aber nicht will, m.E. sehr treffend auf den Punkt:

Mir scheint, dass es Gott lieber wäre, wenn wir anzweifelten, dass er uns helfen kann, als dass er uns helfen will. Mir wäre es lieber, wenn jemand in Not zu mir sagen würde: „Bruder Bosworth, ich weiß, dass du mir helfen würdest, wenn du könntest“ (und damit meine Möglichkeiten anzweifeln würde), als wenn er sagen würde: „Ich weiß, dass du mir helfen könntest, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass du willst.“
(F.F. Bosworth, Christus unser Heiler – englisch als PDF hier)

Und genau da komme ich immer wieder zurück zu Jesus:
Jesus, der uns zeigt, wie Gott ist, der das unverfälschte Ausdruck seines Wesens ist (Hebräer 1,3) verweigert kein einziges Mal die Heilung, sagt nicht ein einziges Mal: „Ich könnte dich zwar heilen, aber ich will es nicht.“ Jesus weist nicht einen Menschen mit den Worten „Tut mir Leid, dich kann ich nicht heilen, es ist Gottes souveräner Wille, dass du krank bist.“ zurück, sondern heilt jede Person, die zu ihm kommt.

Das Problem, das ich sehe, ist, dass wir unser Bild von unseren Erfahrungen prägen lassen und nicht von Jesus.
Wir sagen: Wir haben doch für Heilung gebetet, aber da Heilung nicht eingetreten ist, sagt es uns etwas darüber, wie Gott ist.
Wir schauen auf unsere Erfahrungen und schließen zurück auf Gott.
Dabei ist Jesus der einzige, der uns wirklich zeigt, wie Gott ist. Nicht unsere Lebenserfahrungen

Niemand hat Gott je gesehen. Der einzige Sohn hat ihn uns offenbart, er, der selbst Gott ist. Johannes 1,8 (NGÜ)

Daher werden wir uns im nächsten Post Jesus als Vorbild beim Thema Heilung genauer anschauen.
Danach wird es um die Frage gehen, ob Gott der Auslöser von Krankheit sein kann.

Die Übersicht der weiteren Themen findet ihr hier im Einführungspost (für die Reihenfolge übernehme ich keine Gewähr – lol).