Aus dem letzten Jahr gibt es noch etwas nachzuholen. Zumindest ein Post fehlt nach dem letzten Post aus 2013 noch: Wie gehen wir mit den dunklen Seiten des Alten Testaments um? Wie bringen wir den Gott, der sich darin offenbart, mit dem zusammen, wie Gott sich in Jesus offenbart hat?
Als Vorbemerkung möchte ich sagen, dass das, wie ich das AT mittlerweile lese, sicher kein Mainstream ist. Und auch kein Dogma ist. Jeder darf diese Spannung anders für sich lösen (oder auch nicht auflösen). Es sind auch Dinge, die bei mir offener und unfertiger sind als beispielsweise das Thema Gnade. Wer bei diesem Thema anderer Meinung ist, der darf dies gern tun (wie auch bei jedem anderen Thema). Für mich ist es eine Sichtweise. Eine, mit der ich am besten leben kann. Und sollte Gott im Himmel einmal, wenn ich vor ihm stehe, zu mir sagen: „Na, ganz so gnädig und nett, wie du mich dargestellt hast, bin ich nun nicht“, dann sei es so. Auf dieser Seite will ich gern vom Pferd fallen. Soviel als Vorrede.
Zum Einstieg ein paar Beispiele, die in der Praxis oft in der von mir erwähnten „Mag ich nicht, das muss mir Gott im Himmel erklären“-Box landen:
- Väter sollen Kinder essen und Kinder ihre Väter (Hesekiel 5,10)
- Die Israeliten durften im Krieg schöne Mädchen am Leben lassen und diese zur Frau nehmen, wenn sie aber „keinen Gefallen“ mehr an ihnen hatten, sollten sie sie gehen lassen, nur verkaufen oder als Sklavin halten sollten sie sie nicht. (vgl. 5.Mose 21, 10-14)
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Widerspenstige oder ungehorsame Söhne sollten gesteinigt werden. (5.Mose 21,18)
- Gott wird Väter und Kinder zerschmettern, einem anderen, und kein Mitleid haben, noch sie schonen (Jeremia 13,14)
Okay, das soll mal reichen. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich habe damit meine Mühen. Ja, es soll Leute geben, die damit keine Probleme haben. Vielleicht habt ihr schon dieses Video mit John Piper gesehen, aber mir dreht sich dabei der Magen um. Ich weiß, dass John und ich an denselben Gott glauben, aber meine erste Reaktion war: Der glaubt an einen anderen Gott als ich. Ich zitiere mal Piper aus dem Video:
“It’s right for God to slaughter women and children anytime he pleases. God gives life and he takes life. Everybody who dies, dies because God wills that they die. God is taking life every day. He will take 50,000 lives today. Life is in God’s hand. God decides when your last heartbeat will be, and whether it ends through cancer or a bullet wound.“
Meine Rohübersetzung:“Es ist Gottes gutes Recht, Frauen oder Kinder zu schlachten, ganz egal wann er will. Gott schenkt Leben und er nimmt das Leben. Jeder, der stirbt, stirbt, weil Gott es so will. Gott nimmt jeden Tag Leben. Er nimmt 50.000 Leben an diesem Tag. Das Leben ist in Gottes Hand, Gott bestimmt den Zeitpunkt, wann dein Herz aufhört zu schlagen, ob es durch Krebs geschieht oder durch eine Schusswunde.“
Im zweiten Teil des Zitats wird der ganze Themenkomplex „Wille Gottes, Souveränität, Vorherbestimmung“ angesprochen. Auch da bin ich anderer Meinung als Piper, aber das ist Stoff für einen späteren Post, der auch schon in Arbeit ist. Ich habe das Video hier als Beispiel dafür genommen, dass es auch heute scheinbar noch Leute gibt, die mit dieser gewalttätigen Seite Gottes kein Problem haben. Also ich habe damit ein Problem.
Ich betrachte das AT „durch Jesus“ hindurch oder anders ausgedrückt: Durch eine Jesus-Brille. Also auch diese „dunklen Seiten“ Gottes. Wenn Jesus das perfekte Abbild Gottes ist, der unverfälschte Ausdruck seines Wesens (vgl. Hebräer 1,3) ist, wie verhalten sich dann die genannten Stellen des AT zu dem Bild Gottes, wie er sich in Jesus vollständig und endgültig offenbart hat?
Wie ein Schatten zum Original
Nehmt mal das Foto ganz oben: Wieviele Personen seht ihr auf dem Bild? Genau genommen gar keine, denn ihr seht nur den Schatten von drei Personen. Aber wer genau sind diese drei Personen? Hat die rechte Person wirklich so eine große Nase wie auf dem Foto? Oder ist das vielleicht doch nur das Handy, mit dem das Foto aufgenommen wurde? Könnt ihr aufgrund des Schattens irgendwas über die echte Größe der Personen sagen? Oder über ihre Hautfarbe? Oder ihr Alter? Oder ihre Stimme? Oder ihren Charakter? Nein, es sei denn, ihr kennt die Personen, deren Schatten ihr dort seht. Es sei denn, ihr habt ein zuverlässiges Bild von dem Original. Und genau dieses Bild, diesen perfekten Abdruck, diesen Stempel haben wir gesehen: In Jesus Christus hat sich Gott endgültig offenbart, er hat sich gezeigt, wie er wirklich ist.
Er ist das vollkommene Abbild von Gottes Herrlichkeit, der unverfälschte Ausdruck seines Wesens. (Hebräer 1,3 NGÜ)
Davor ist das Bild, das wir von Gott hatten, nur wie ein Schatten. Jesus sagte: „Niemand hat den Vater gesehen, nur der Sohn hat ihn gesehen. Ich habe ihn gesehen. Und wer mich sieht, sieht auch den Vater.“ Davor war das Bild von Sünde verfälscht und verzerrt. Ja, wer mag, darf sagen, dass sich hier die wirklich dunkle Seite der Sünde zeigt: Nicht, dass Gott irgendwie sündig war, sondern durch die Sünde offenbarte sich, wie stark das Verhältnis von Gott und dem Menschen gestört war. Sünde hatte den Menschen von Gott getrennt und zeigte ihr hässliches Gesicht im alten Bund, im Bund des Gesetzes. Aber Gott wollte dem Ganzen ein Ende machen: Ihm war es wichtig, dass er wieder sein wahres Gesicht zeigen konnte. Dann lesen wir im Propheten Jeremia:
Sondern das ist der Bund, den ich mit dem Haus Israel nach jenen Tagen schließen werde: […] Ich werde mein Gesetz in ihr Inneres legen und werde es auf ihr Herz schreiben. […] ich werde ihre Schuld vergeben und an ihre Sünde nicht mehr denken. Jeremia 31,33-34 (ELB)
Ja, hier steht Israel, aber es gab im Alten Testament nach dem Bund mit Abraham und dem Bund mit Mose keinen weiteren Bund, den Gott mit dem Volk Israel geschlossen hat. Den nächsten Bund hat Jesus durch sein Blut am Kreuz geschlossen:
Denn dies ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Matthäus 26,28
Dieser [Jesus] aber hat nur ein einziges Opfer für die Sünden dargebracht und sich dann für immer zur Rechten Gottes gesetzt; Heb 10,12
Jetzt aber ist er einmal in der Vollendung der Zeitalter offenbar geworden, um durch sein Opfer die Sünde aufzuheben. Heb 9,26
“Dies ist der Bund, den ich für sie errichten werde nach jenen Tagen, spricht der Herr, ich werde meine Gesetze in ihre Herzen geben und sie auch in ihren Sinn schreiben” und: “Ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde ich nicht mehr gedenken.” Heb 10,16-17
Gott hat im AT diesen neuen Bund schon angekündigt, er wollte die Sünden vergeben und an ihre Sünden nicht mehr gedenken.
Genau das hat Jesus erreicht. Er hat durch seinen Tod am Kreuz den neuen Bund gestiftet. Das ist ein komplett neuer Bund.
Ich muss gestehen, dass ich mir bis vor ein paar Jahren so gut wie gar keine Gedanken über diesen neuen Bund gemacht habe. Bei „neuer Bund“ dachte ich bestenfalls an die Einsetzungsworte beim Abendmahl (1.Kor 11,25) und mir war klar, dass das irgendwas mit seinem Tod am Kreuz zu tun hatte, aber ehrlich gesagt habe ich mir darüber hinaus keine Gedanken gemacht. Und so habe ich fleißig Altes Bund – Denken mit Neuem Bund – Denken gemischt. Und das funktioniert nie so richtig gut.
Wie komme ich jetzt auf die Analogie mit dem Schatten?
Dazu zwei (ich gebe zu, nicht ganz leicht zu verstehende) Texte:
Er hat den Schuldschein gegen uns gelöscht, den in Satzungen bestehenden, der gegen uns war, und ihn auch aus unserer Mitte fortgeschafft, indem er ihn ans Kreuz nagelte; er hat die Gewalten und die Mächte völlig entwaffnet und sie öffentlich zur Schau gestellt. In ihm hat er den Triumph über sie gehalten. So richte euch nun niemand wegen Speise oder Trank oder betreffs eines Festes oder Neumondes oder Sabbats, die ein Schatten der künftigen Dinge sind, der Körper selbst aber ist des Christus. Kolosser 2,14-17
Denn da das Gesetz einen Schatten der zukünftigen Güter, nicht der Dinge Ebenbild selbst hat, so kann es niemals mit denselben Schlachtopfern, die sie alljährlich darbringen, die Hinzunahenden für immer vollkommen machen. Hebräer 10,1
Ich würde das so zusammen fassen: Im AT sehen wir ein Bild von Gott, das durch die Sünde, die den Menschen immer wieder von Gott trennte, geprägt war. Gott zeigt sich auch gnädig, obwohl er es nicht musste (ja, auch solche Passagen finden wir oft im AT), aber das Bild von Gott ist eben durch die Sünde und das Gesetz, durch das der Mensch vor Gott nicht als gerecht stehen kann, geprägt. Es ist im Vergleich zu dem Bild, wie Gott sich in Jesus offenbart hat, wie der Schatten zum Original.
Und daher betrachte ich alles “durch Jesus” hindurch. Was sehe ich bei Jesus? Was hat er gemacht? Wie ist er mit Menschen umgegangen? Welches perfekte Abbild von Gott hat er mir gezeigt? Im besten Sinne also ein WWJD-Ansatz oder besser ein WDJD (What did Jesus do? Was hat er gemacht?) -Ansatz.
Soviel soll zu diesem Thema von meiner Seite aus reichen. Ja, da gäbe es noch viel mehr zu zu sagen, aber es sind die konkreten Anwendungsfragen mit dieser Jesus Brille, die mich gerade deutlich stärker bewegen als noch weitere grundlegende Posts zu diesem Thema.
Wer des Englischen mächtig ist, dem zeige ich einfach zwei Spuren auf, denen man folgen kann, wenn man sich da tiefer rein arbeiten will.
Die eine Spur ist Greg Boyd, bei dem ich das Schatten-Thema zum ersten Mal gehört habe. Greg arbeitet an einem dicken Buch zu dem Thema „Crucifixion of the Warrior God“, auf das ich mich schon sehr freue, aber hier sind ein paar Posts bzw. Predigten, in denen er zu dem Thema einiges sagt, nehmt sie als Einstiegspunkt und folgt diesen Fährten, wenn es euch interessiert:
Getting Honest about the Dark Side of the Bible oder The Cruciform Center Part 1: How Matthew, Mark and Luke Reveal a Cruciform God
From Shadow to the Reality in Christ oder Shadow of the Cross
Darüberhinaus vertritt auch Wayne Jacobsen einen ähnlichen Ansatz. Er wird vielen bestimmt durch sein Buch Der Schrei der Wildgänse bekannt sein.
Wayne nennt seinen Ansatz „The Jesus Lens“. Viele Videos, Präsentationen und anderes findet ihr bei diesem Link.
Noch eine Bemerkung zu solchen Hinweisen oder Empfehlungen:
Ich habe weder alles von Jacobsen noch von Greg Boyd gesehen oder gelesen. Ich muss auch nicht alles 100%ig so sehen wie sie es tun, kann aber von jedem lernen. Ich bin hier auf dem Blog bisher immer etwas vorsichtig gewesen, Dinge zu nennen oder zu empfehlen, von denen ich gelernt habe, denn manchmal befürchte ich, dass jemand denkt: „David hat xy (Video, Buch oder Artikel) empfohlen, darin wird das und das gesagt, also muss David auch dasselbe glauben.“ Das muss nicht immer der Fall sein. Ich habe schon Bücher gelesen, in denen ich bei 80% voll mit konnte und viel Gutes gelernt habe. Die 20%, bei denen ich (manchmal auch deutlich) anderer Meinung war, halten mich nicht davon ab, von dem Guten zu lernen.
In diesem Sinne: Jeder lese oder schaue es, prüfe es und behalte das Gute. Viel Segen euch dabei!
Eure Gedanken und Kommentare lese ich aber immer gern, egal auf welchem Wege.
(Und wenn mir jemand auch noch erklären kann, wie man solche Themen gut in mehrere kürzere Posts verpacken kann, der darf mir gern eine Mail schreiben. LOL)
Hallo David – ich hatte das Thema auch kürzlich mal behandelt – all das erklärt sich nur, wenn wir es geistlich beurteilen.
Sowas steht in der Bibel??
Glückselig, der deine Kindlein ergreift und sie zerschmettert an dem Felsen!
Psa 137:9
Hat man dich schonmal mit solchen Versen aus dem AT konfrontiert, oder bist du selber über ähnliche Aussagen gestolpert, die angeblich einen gewalttätigen Gott darstellen oder unmenschliches Verhalten gutheißen?
Lass dich nicht verunsichern oder verwirren.
Wenn man diesen Psalm im Zusammenhang liest, dann sieht man schnell, dass es hier um die Vergeltung an Babel geht, einem gottlosen Volk, das das Volk Gottes über Jahrhunderte in Knechtschaft gefangen gehalten hatte.
Zudem ist mit dem Wort Fels in den Psalmen und auch sonst in poetischer Weise meistens Gott selber oder sein Wort gemeint – z.B.
Psa 95:1 Kommet, lasset uns Jahwe zujubeln, lasset uns zujauchzen dem Felsen unseres Heils!
Was diese und ähnliche Schriftstellen im Grunde aussagen ist, dass die Gottlosen an dem Felsen Gottes und seinem Wort zerbrechen werden, wenn sie es nicht annehmen.
Mat 7:24 Jeder nun, der irgend diese meine Worte hört und sie tut, den werde ich einem klugen Manne vergleichen, der sein Haus auf den Felsen baute;
Röm 9:32,33 ..Sie haben sich gestoßen an dem Stein des Anstoßes, wie geschrieben steht: „Siehe, ich lege in Zion einen Stein des Anstoßes und einen Fels des Ärgernisses, und wer an ihn glaubt, wird nicht zu Schanden werden“.
1.Pet.2:8 Er ist ein Stein, an dem die Menschen sich stoßen, ein Felsblock, an dem sie zu Fall kommen.“ Weil sie dem Wort Gottes nicht gehorchen, stoßen sie sich an ihm.
Nur kurz auch hier, da Bento und ich bei Facebook auch schon kommentiert haben, hier nur die Kurzusammenfassung:
Hallo Bento,
ehrlich gesagt kann ich damit nicht mit. Die Vergeltungsgeschichten passen für mich genauso nicht zu den Worten Jesu: Liebet eure Feinde…
Und nein, ich glaube nicht, dass das Problem darin liegt, dass wir ein weichgespültes Gottesbild haben.
Das Problem liegt m.E. nicht darin, dass wir noch nicht erkannt haben, wie zornig Gott ist, sondern dass wir noch gar nicht erkannt haben, wie gnädig er ist.
Hmm… wenn man z.B. Ps 137 liest, stellt man fest, dass es kein Ausspruch Gottes, sondern der Gefangenen in Babel ist. Nicht jeder Vers in der Bibel spiegelt Gottes Meinung, Herz oder Wunsch wieder. Die Basis muss schon Jesus sein, nicht umgekehrt – da schließe ich mich David an.
Alter Bund und neuer Bund sind grundlegend unterschiedlich. Der neue Bund erfüllt den alten. Eine Aussage muss im Kontext des Bundes verstanden werden. Auch im nächsten Abschnitt der Heilsgeschichte, dem messianischen Königreich, werden wieder andere Regeln gelten.
Es wundert mich ein wenig, dass dies anscheinend unbekannt ist, wo es doch auf der Hand liegt, zumindest wenn man die Bibel studiert.
Darum ist es auch so wichtig, dass wir Jesus Christus erkennen wie er ist um somit so leben zu können, weil Jesus Christus und sein Wesen ist unwandelbar.
Ich verstehe das ganze Argument vom Bild Gottes nicht. Du sagst: „Im AT sehen wir ein Bild von Gott, das durch die Sünde, die den Menschen immer wieder von Gott trennte, geprägt war.“ Was willst du damit sagen? Das „Bild von Gott“ kommt in deinem Artikel mehrfach vor. Hat Gott in seinem Zorn Sodom und Gomorra vernichtet, oder nicht? Oder ist das nur ein Bild von Gott, dass durch die Sünde des Menschen geprägt ist? Jesus sieht die Vernichtung Sodom und Gomorras als geschichtliche Tatsache und möchte auch in kleinster Weise relativieren, dass Gott eigentlich ganz anders ist. Das Bild von Gott im AT beschreibt wie Gott ist.(anders kann ich mir nicht erklären, wie Gott zulassen konnte, dass biblische Autoren all diese Dinge von ihm berichten.) In meinen Augen gibt es keinen Widerspruch zum Bild im NT. Ja wir brauchen eine Jesus-Brille aber nicht um die schwierigen Stellen zu relativieren, sondern um zu erkennen wie groß die Notwendigkeit eines Erlösers war. Im Übrigen wird auch dieser gnädige Jesus eines Tages wiederkommen und mit dem Hauch seines Mundes alle seine Feinde auslöschen. Das passt
Hallo Danny,
zuerst einmal: Schön, dich hier zu lesen.
Ich möchte zuerst eine Antwort geben und dann eine Frage stellen.
Zuerst zur Antwort:
Ich glaube, du hast mich falsch verstanden. Ich will Null an der Inspiration der Schrift rütteln. Ich bestreite nicht, dass die Geschichte mit Sodom und Gomorra passiert ist. Ich bezweifle auch nicht, dass Gott Sodom und Gomorra vernichtet hat. Deswegen glaube ich auch nicht, dass biblische Autoren sich hier etwas ausgedacht haben.
Was ich glaube, ist, dass Gott eigentlich anders ist als er sich z.B. in dieser Szene zeigt. Was ich meine, ist: Wenn wir wissen wollen, wie Gott wirklich ist, dann sollen wir uns nicht Geschichten wie Sodom & Gomorra anschauen und daraus Rückschlüsse auf Gott ziehen, sondern Jesus.
In Kurzform: Gott hat den Menschen in seinem Bild zur Gemeinschaft mit ihm geschaffen, dann kam Sünde, die trennte den Menschen von Gott (auf eine Weise), dann kam Israel, der Bund mit Mose, das Gesetz, Gott hat sich immer wieder seinem Volk zugewandt, aber die gesamte Sündenproblematik war dadurch nicht gelöst, sie wurde auch nicht durch das Opfersystem gelöst (Heb 10,1) und das Sündenbewusstsein blieb (Heb 10,2). Und schließlich wollte Gott wieder alles herstellen und zeigt sich in Jesus so, wie er wirklich ist. Soviel im Ultrakurzzeitraffer.
Jetzt zu meiner Frage:
Wie gehst du mit den dunklen Seiten des ATs um? Hast du absolut kein Problem mit der Geschichte aus 1.Könige 18, die ich in diesem Post reflektiere? Sagst du sinngemäß: „So ist eben Gott, er muss mir nicht immer gefallen, aber mir bleibt nichts anderes übrig. Und ich bin froh, dass ich in Jesus seine Liebe erkannt habe?“ So hab ich Gott mehr oder minder Jahre lang (muss wohl eher sagen zwei Jahrzehnte lang) gesehen. Aber so richtig gefallen hat mir das nicht. Und die Folgen waren (aus meiner heutigen Sicht) verheerend: Immer, wenn etwas Schlimmes passiert ist, dachte ich, dass Gott seinen Zorn gezeigt hat oder irgendjemandem mal zeigen wollte, wo der Hammer hängt. Oder irgendjemand sollte durch eine von ihm geschickte Krankheit irgendwas charakterlich lernen und so weiter und so fort.
Und all das sehe ich bei Jesus nicht.
Und da ist meine Frage: Kannst du meine Frage so gar nicht nachvollziehen? So Hand auf’s Herz und mal ganz offen und ehrlich? Ich habe mir die Offenheit irgendwann zugestanden und mich auf diese Reise gemacht.
Und wenn ich mir die Blog-Statistik des gestrigen Tages anschaue, dann bin ich selbst überrascht, wie sehr dieser Post scheinbar einen Nerv getroffen hat: Über 120 mal wurde dieser Post hier gestern aufgerufen und wurde an einem Tag 40 mal „geliked“, so viele Likes hat bisher glaube ich kein einziger Artikel insgesamt bekommen. Es scheint also noch eine Reihe von Leuten zu geben, die meine Mühen mit der dunklen Seite des ATs nachvollziehen und scheinbar mit meiner Antwort anfangen können.
Justin Taylor hat heute erst ein Video genau zu diesem Thema gepostet. In dem Video kommt D.A.Carson zu Wort. Ich denke er behandelt die Frage sehr treffend, wobei er auch das Thema: Bild von Gott zu sprechen kommt, aber auf eine ganze andere Art und Weise wie du. Schau es dir mal an. http://www.youtube.com/watch?v=EhuAm13Ji8o#t=235
Und gleich auch noch die Antwort zu deinem zweiten Kommentar:
D.A. Carsons Argumentation kenne ich, finde ich sie allerdings nicht stimmig: Er vergleicht Gottes zornige Taten im AT mit – nein nicht mit Jesu Leben oder seinen Taten, sondern – den Darstellungen der Hölle. Das wäre aber ein Thema für vermutlich eine ganze Reihe von Blogposts, zu denen ich gerade zumindest nicht den Drang verspüre.
Spannend fand ich, dass Youtube mir direkt neben deinem verlinkten Video das „How Do You Reconcile the wrath of God in the Old Testament with a Loving God?„-Video zeigte von dem von mir schon erwähnten Greg Boyd.
Ein Wort noch zur Gospel Coalition (du nanntest Justin Taylors Post), zu der auch D.A.Carson und John Piper gehören (gestern konterte jemand auf Facebook auch schon mit einem Gospel Coalition Post): Wir müssen wohl damit leben, dass unterschiedliche Leute, die jeweils ihre Theologie-Degrees nicht im Lotto gewonnen haben und sich ernsthaft Gedanken zu diesen Themen machen, zu anderen Schlussfolgerungen kommen. Piper hat nicht umsonst versucht, Greg Boyd aus der BGC (baptistischer Bund in den USA) ausschließen zu lassen – erfolglos.
Für mich geht es um das ernsthafte Auseinandersetzen mit diesen Themen. Und dabei gilt es wohl auch zu lernen, dass Leute, die alle Jesus sehr gern haben, zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen. Von Piper gefällt mir beispielsweise lediglich sein Bumper-Sticker Statement (God is most glorified in us, when we are most satisfied in him), aber dann hört es recht schnell auf.
Danke für dein Statement zu dem Video. Mich erstaunt, deine starke Ablehnung von John Piper. Bleibt nur zu fragen, ob du mal eines seiner Bücher gelesen hast. Zum Beispiel: „Desiring God“ (das Buch zum „Bumper-Sticker-Statement“;-) Oder „Don`t waste your life.“
Doch, ich habe beide Bücher und auch beide zum Teil gelesen. Wenn ich mich recht erinnere war „Don’t waste your life“ die etwas jüngere Version von Desiring God mit demselben Schwerpunkt. Ich meine natürlich nicht nur das Bumper Sticker Statement selbst, sondern auch die Argumentation dahinter. Der kann ich gut folgen. Und auch wenn mein Statement sicher auch etwas zugespitzt ist, lösen viele Artikel oder Videos von ihm bei mir meist nur Kopfschütteln aus (und das ist jetzt gelinde ausdgedrückt).
Aber meine konkrete Frage an dich (oben) interessiert mich noch immer. :-)
Hallo David, vielen Dank für diesen hervorragenden Beitrag!
Ich bin ein in England lebender Lothringer und habe mehrmals über die biblischen Terrortexte gebloggt.
Ich wäre extrem froh, falls du ab und zu auf meinem Blog kommentieren würdest (das würde ich natürlich auch umgekehrt tun).
Es fehlen mir nämlich deutsche Kommentatoren :-)
Liebe Grüsse in Christus.
Hm.
Ich sehe keinen „Gott im AT“ versus „Gott im NT“ bzw. Jesus im NT. Vielmehr sehe ich, dass Gott im AT schon sehr sehr gnägig war. Das AT umfasst die Geschichte des Menschen mit Gott in ca. 3-4tausend Jahren, das AT hauptsächlich die aktive Phase Jesu, also 3 Jahre.
Die Zitate von dir, welche dir aufstießen, stammen alle aus einer sehr sehr besonderen Phase: aus der Zeit des Gesetzes. Diese Phase ist verhätnismäßig kurz, und umfasst die Zeit von Gesetzgebung am berge Sinai (ca. 600BC) bis Jesus (ca. 30AD). Das Gesetz, welches Gott gab, ist knallhart, und zwar aus einem Grund. Gott hatte sich bis hierher der Menschheit nie wirklich vorgestellt; er war immer „der Gott deiner Väter“. Das Gesetz ist das erste Mal, dass Gott sich in seiner ganzen schrecklichen Größe vorstellt: Gott ist heilig. Was bedeutet das? Der Kontrast zu uns, in unserer sündigen Natur, und Gott, kann nicht größer sein.
Aber ich würde gerne zu der Zeit davor schwenken. Gott konfrontiert Kain als ersten Mörder, und anstatt ihn dahin zu raffen, und ein für alle mal klar zu stellen, dass Mord nicht okay ist, beschützt und segnet Gott ihn so sehr, dass ein Nachfahre, Lamech, später mal zu seinen Frauen sagt: Kain erschlug seinen bruder, und wurde 7fach gerächt; ich habe auch einen Jüngling erschlagen, Gott wird mich 70x7fach rächen (=segnen). In seinem Verständnis war nämlich das, was Gott Kain antat, ein Segen, eine Belohnung für den Mord.
Gott hätte hier eine Steilvorlage gehabt, um ein Example zu statuieren. Er lies es sein, weil ihm anscheinend eines wichtiger war: Die Beziehung zu Kain. Er pfiff daruf, dass die ganze Menscheit fortan Mord für ein legetimes Mittel galt, um Gott zu gefallen – selbst Mose mordete jemanden, und erwartete, dass Gott sich nun auf seine Seite stellt und mit der Befreiung der Hebräer beginnt. Gott pfeifft auf unsere Theologie. Wenn er uns segnet, und andere deshalb denken, Gott rechtfertigt unser Tun, sind wir auf dem Holzweg. Wenn Gott nämlich nur segnen und Gemeinschaft haben würde mit denen, die eine korrekte Theologie haben, wäre Gott sehr einsam.
Wenn wir Jesus betrachten, seperieren wir nicht sein Verhalten am Olivenbaum oder beim Rauswurf der Händler im Tempel, sondern wir betrachten sein ganzes Leben. Lasst uns das selbe im AT machen. Da sind jahrhunderte, in denen Gott alle augen zudrückt und fünfe gerade sein lässt, und wenige Tage, an denen er ein Statement macht, das uns ggf nicht passt.
Und dann kam das Gesetz. Die Zeit des Gesetzes, davon bin ich überzeugt, sollte uns klar machen, wie unerreichbar Gott für uns ist, wie schrecklich es ist, dem allmächtigen Gott in die Hände zu fallen, wenn wir uns auf unsere Werke berufen. Paulus schreibt daher treffend, dass der Buchstabe (des Gesetzes) den Tod brachte, und nicht das Leben. Aber Gott tat es mit einem Vertrag an einem Volk, nicht der gesamten Menschheit, und für eine begrenzte Zeit, um dann durch Jesus zu zeigen, dass es nicht nur den unbegehbaren Weg von uns zu Gott, sondern den von Jesus gegangenen Weg von Gott zu uns gibt.
Folglich sind wir in großen Schwierigkeiten, wenn wir Jesus Angebot ausschlagen. Gott ist so heilig, dass selbst kleine Kinder zu recht vor ihm den Tod verdienen. Gesetzlichkeit hat also nicht einmal ansatzweise eine Chance, uns in Gottes Augen akzeptabel für ihn zu machen. Verschwenden wir keine Zeit damit!
Gnade. allein.
was ich vergass, zu erwähnen:
bis zum Gesetz sind alle Menschen, die gestorben sind, quasi sündlos gestorben. Das ist eine steile These… aber logisch. Die einzige Regel, welche Gott bis zum Gesetz aufgestellt hatte, war die Ansage, nicht von dem Baum der Erkenntniss zu essen. Dieser stand im Paradies. Adam und Eva versündigten sich hier, wurden rausgeworfen, und die ganze folgende Menschheit dafür bestraft. Theologen würden nun sagen, dass die Menschen deswegen Sünder waren, weil sie durch Erbsünde bereits belastet waren.
Natürlich waren die Menschen keine Engelchen, sie töteten, lügten, neideten etc. Aber Gott hatte nirgendwo definiert, dass dies nicht okay ist. So konnte Satan die Menschheit verführen zu allen Sünden, aber er konnte die Menschen nicht weiter von Gott entfernen. Denn Satan ist der Ankläger, und ohne der Handhabe eines Gesetzes konnte er gegen die Menschen, die alle sündigten, nur deren Erbsünde anprangern. Wo kein Gesetz, da kein Urteil!
Das zu erkennen, hatte mich damals umgehauen, denn das bedeutet, dass Gott deshalb damit so lange gewartet hatte, sich vorzustellen, damit er mit allen Menschen Gemeinschaft haben kann. Dass die Menschen relativ verquere Ansichten von Gott und von dem, was Gut und was Böse ist, nahm er billigend in Kauf. Und angesichts der Tatsache, dass z.B. nur Noah vor Gott gefallen fand, hatte er dies getan, obwohl die allergrößte Mehrheit der Menschheit zu allen Zeiten sich einen feuchten Kehricht um Gott scherten, und kein Interesse an einer Gemeinschaft mit ihm hatten. Er verschonte sie dennoch vor dem Gesetz. Das, mein lieber, ist wirklich Größe, das ist Liebe, die selbst dann liebt, wenn nichts zurück kommt. Das ist herzzerbrechender, als alles, was ich mir sonst vorstellen kann. Wie groß muss Gottes Liebe zu all der Zeit gewesen sein, dass er bereit war, uns so weit von sich weg zu driften, dass er bereit war, dass wir ihn für einen Mörder halten, und ihn nicht einmal ansatzweise erkennen.
Und wie viele Menschen sind, mehr oder weniger im übertragenen Sinne, bereit, dafür zu töten, damit die Menschen eine „richtige“ Theologie erhalten bzw um eine schlechte zu bekämpfen….
Danke für den sehr lesenswerten Artikel, David. Ich finde deine Herangehensweise an dieses Thema sehr interessant und gut. Deine Sichtweise hilft mir weiter. Auch deine Erfahrungen hinsichtlich der Nennung von bestimmten Buch Autoren, kann ich echt gut nachvollziehen. So erging es mir auch schon manchmal. Zusammenfassend will ich sagen: Ich genieße deine Art Dich mit Glaube, Gemeinde und Nachfolge zu beschäftigen. Mach weiter so!
LG, Tobias
Ich stieß gerade auf diesen wunderbaren Post von Brian Zahnd als Kommentar zu demselben Video von John Piper: John Piper and Allahu Akbar
Ebenso interessant ist zu diesem Thema diese Monster God Debate mit Brian Zahnd und Michael L. Brown.