jesusnachfragen

Okay, wir haben im letzten Post gesehen, dass Glaube keine unwichtige Rolle spielt beim Gebet, beim Erbitten von Dingen, sogar eine sehr große.

Beim Thema Heilung wird das Ganze für die meisten sehr sensibel, da es oft nicht um einen Husten oder Schnupfen geht, sondern um lebensbedrohliche Situationen bei Menschen, die uns sehr nahe stehen. Auch ich habe genügend Situationen erlebt, in denen enge Freunde an irgendeiner blöden Krankheit gestorben sind.

In so einer Situation ist es seelsorgerlich verständlich, wenn Menschen nach dem Tod eines Freundes oder Familienangehörigen sagen: „Es muss Gottes Wille gewesen sein, ihn/sie zu sich zu nehmen. Aber auch wenn wir das gerne anders gehabt hätten, wir dürfen uns seinem perfekten Willen anvertrauen. Gott ist immer noch gut und einiges Tages werden wir vielleicht verstehen, warum das passieren musste.“

Diese Sichtweise gibt ein gewisses Maß an Abschluss, an Ruhe, an Gelassenheit, bei allem Schmerz, der bleibt, aber ich glaube nicht, dass alles auf der Welt nach einem „Bauplan“ von Gott abläuft. Gott ist gut, er ist genial, wir dürfen ihm vertrauen, aber wir müssen nicht einem (scheinbar für uns willkürlichen) Gott vertrauen, dessen Willen wir uns ergeben müssen.

Wenn ich in einer solchen Situation dann davon rede, dass Gott Heilung möchte, dann ist mir bewusst, dass das das ein sehr sensibles Thema ist und ich dieses empfindliche  Gleichgewicht störe. Und natürlich, ich habe genügend Sensibilität, dass ich das nicht bei einer Beerdigung oder so sage, aber hier auf dem Blog sage ich es deutlich: Gottes Wille ist Heilung, wir haben in solcher Situation einfach einen Kampf verloren.

Die Reaktionen gehen dann bei Menschen, die so wie ich früher geprägt wurden, meist in diese Richtung:

„Wie meinst du das? Wenn Gott gewollt hätte, hätte er doch geheilt! Wir haben doch für Heilung gebetet.“

Und wenn ich dann anfange, von Glauben zu reden, dann störe ich diese empfindliche Pflanze, die sich gerade mit diesem Schmerz irgendwie abfinden muss, dass ein lieber Mensch gestorben ist.
Das sehe ich, aber ich bin davon überzeugt, dass es die bessere Alternative zum „Ergeben in Gottes perfekten Plan“ ist und dass es uns hilft, das ganze Thema aus einer anderen Sichtweise zu betrachten.

Wenn wir es nicht tun, dann ist die Gefahr groß, dass bei denen, die unter dem Verlust leiden, ein fader Beigeschmack gegenüber Gott hängen bleibt: „Wenn Gott so unberechenbar ist, dann bin ich in Zukunft aber vorsichtiger, mich ihm komplett anzuvertrauen.“ Manchmal lenken Menschen Gott gegenüber irgendwann resigniert ein und sagen: „Gott, ich habe Mühe dir zu vertrauen, aber ohne dich geht auch nicht.“ Das aber ist meist keine gute Grundlage für ein kindliches Gottvertrauen.

Zudem werden wir bewusst oder unbewusst die Aussagen Jesu zum Glauben in unserem Kopf um den Zusatz verändern, den ich im Titelbild des letzten Posts habe anklingen lassen „Wenn es Gottes Wille ist“.

Aber davon lesen wir nichts, hier drei Beispiele:

Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein. Mt 17,20 (LUT)

Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt und nicht zweifelt, so werdet ihr nicht allein Taten wie die mit dem Feigenbaum tun, sondern, wenn ihr zu diesem Berge sagt: Heb dich und wirf dich ins Meer!, so wird’s geschehen.
Und alles, was ihr bittet im Gebet, wenn ihr glaubt, so werdet ihr’s empfangen. Mt 21,21-22 (LUT)

Darum sage ich euch: Alles, um was ihr auch betet und bittet, glaubt, dass ihr es empfangen habt, und es wird euch werden. Mk 11, 24 (ELB)

Der Beweis dafür, dass Glauben vorhanden war, ist nicht das Sprechen zum Berg, sondern das Bewegen des Berges.

Die Zusage Jesu steht, dass wir die Dinge erhalten, die wir im Glauben erbitten. Oder nach Markus: Wir werden die Dinge, um die wir bitten, wenn wir glauben, dass wir sie schon empfangen haben, erhalten.

Was ist das für ein Glaube?

Früher habe ich bei solchen Stellen gedacht, dass hier von einer anderen Kategorie Glaube die Rede sein muss. Einer anderen Kategorie als die, die mir so geläufig ist.
Ein anderer Glaube als der, vom dem ich rede, wenn ich sage: „Ich glaube an Jesus“. Irgendwie ein Glaube, der so richtig glaubt. Der so stark glaubt, dass Wunder geschehen können.
Aber am Ende ein Glaube, den ich nicht so einfach bei mir vorfinde. Mein Gefühl war, ich müsse mich ganz stark anstrengen, um so zu glauben. Ein großer Krampf.

Heute sehe ich das nicht mehr so.

Wenn ich „Ich glaube an Jesus sage“, was meine ich dann damit?
Ich meine damit, dass ich überzeugt bin, dass Jesus Gottes Sohn ist, dass er auf die Welt gekommen ist, uns gezeigt hat, wie der Vater ist, am Ende gestorben und auferstanden ist. Das glaube ich. Davon bin ich überzeugt. Da hoffe ich nichts (im Sinne von: Hoffentlich ist das auch wahr), sondern, dass glaube ich.
Dafür muss ich mich nicht anstrengen. Das darf ich wie ein Kind glauben. Ich darf glauben, dass Gott mich liebt, so wie ich bin, ohne Anstrengung, einfach weil er mich liebt.
So einfach ist das.

Wenn ich in einem Seminar über Heilung die Frage stelle: „Wer glaubt an Jesus?“ gehen in der Regel alle Hände hoch – ohne irgendein Zögern.
Wenn ich dann frage: „Wer glaubt, dass Gott immer heilen KANN?“ gehen eigentlich auch immer alle Hände hoch – wieder ohne irgendein Zögern.
Wenn ich anschließend aber frage: „Wer glaubt, dass Gott immer heilen WILL?“ dann gehen – wenn überhaupt – nur noch ein paar Hände sehr zögerlich nach oben.

Woran liegt das?
Ganz einfach: An unseren Erfahrungen und daran, dass wir unsicher sind, was Gottes Wille in Bezug auf Heilung sind. Wir kennen zwar die oben genannten Glaubensstellen, aber wir haben auch unsere Erfahrungen mit ihnen und daher fragen wir uns, ob wir wirklich wissen können, ob Gott heilen will.

(Und ja, bitte nagelt mich nicht an dem „immer“ fest. Weiß ich, ob Jesus die an Altersschwäche leidende 92jährige, die so gern zu ihrem Herrn möchte, wirklich heilen will? Nein, aber abgesehen davon, dass die 92jährige vermutlich gar nicht mehr gesund werden will, um bei ihrem Herrn zu sein, geht es mir um solche Fälle gar nicht. Und solche Fälle sind es auch nicht, die Menschen zögern lassen, ihre Hand bei der dritten Frage zu heben).

Wenn also nach den Aussagen Jesu Glaube so wichtig ist, dann stellt sich doch die Frage:

Wie kommen wir aber zu diesem Glauben, der empfängt, der Berge versetzt?

Bisher sehe ich zwei Wege, die wir da begehen können. Beide haben mit Jesus zu tun.
Sollte uns nicht wundern, Jesus ist immer eine gute Adresse.

Damit der Post nicht zu lang wird, hier zunächst der erste Weg:

1. Weg zum gelassenen Glauben: Jesus als Vorbild

Jesus als das perfekte Abbild Gottes, der offenbarte Wille Gottes, tut, was er den Vater tun sieht. Wenn ihr mich seht, seht ihr den Vater.

Ich liebe es, wie Brian Zahnd es formuliert hat:

Gott ist wie Jesus
Gott war schon immer so wie Jesus
Es gab nie eine Zeit, in der Gott nicht wie Jesus war.
Wir haben nicht immer gewusst, wie Gott ist –
aber jetzt wissen wir’s.

Meine Übersetzung des Originals:

God is like Jesus.
God has always been like Jesus.
There has never been a time when God was not like Jesus.
We have not always known what God is like—
But now we do.

Wenn wir Jesus sehen, sehen wir den Vater.

Wenn ich die Fragen anders stelle, fangen wir an, anders zu denken:

Wer glaubt, dass Jesus jeden heilen konnte, der zu ihm gekommen ist?
Wer glaubt, dass Jesus jeden heilen wollte, der zu ihm gekommen ist?
Wer glaubt, dass Jesus jeden geheilt hat, der zu ihm gekommen ist?

Je mehr wir erkennen, dass die Antwort auf diese Fragen jeweils „Ja“ ist, desto mehr werden wir sehen, dass Jesus Heilung möchte. So werden wir gelassener glauben können und werden weniger die Frage haben, ob Gott Person XY heilen möchte, denn wir wissen, dass Heilung der Wille Gottes ist.

Dann aber bitten wir anders (wenn wir denn bitten, dazu mehr im übernächsten Post „Heilen oder um Heilung bitten? Wenn wir zu etwas berufen sind, was wir nicht können“), denn dann bitten wir mit Zuversicht:

Und dies ist die Zuversicht, die wir zu ihm haben, dass er uns hört, wenn wir etwas nach seinem Willen bitten.
Und wenn wir wissen, dass er uns hört, was wir auch bitten, so wissen wir, dass wir das Erbetene haben, das wir von ihm erbeten haben. 1.Joh 5,14-15 (ELB)

Auch hier finden wir die etwas eigenartige Formulierung (ähnlich wie oben in Mk 11,24), dass wir das Erbetene haben bevor wir es eigentlich erlangt haben.

Aber genau das ist im Glauben bitten. Zuversichtlich bitten, in der festen Erwartung bitten, dass das Gott das Erbetene geben wird.

Der eine Weg zu diesem gelassenerem unverkrampften Glauben in Bezug auf Heilung, für den wir uns nicht anstrengen müssen, ist das Vorbild Jesus zu betrachten und in ihm den offenbarten Willen Gottes zu sehen, auch in Bezug auf Heilung.

Der zweite Weg zu unverkrampftem Glauben folgt im nächsten Post.