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Diese Hürde ist eine, die mir seit geraumer Zeit ein schweres Herz bereitet.

Hier ein paar meiner Beobachtungen:

Manchmal frage ich in Workshops die Teilnehmer, was sie als die Top 5 Prioritäten im Leben vom Nichtchristen um sie herum wahrnehmen. In der Regel kommen diese Punkte zusammen:

1. Familie
2. Job
3. Haus, Auto
4. Hobbys, Sport & Entertainment
5. Urlaub

Der eine oder andere Punkt wird anders benannt, die Reihenfolge ist manchmal anders, aber grundsätzlich besteht Einigkeit über diese Einschätzung.

Das beschreibt einfach das gesellschaftliche Umfeld, das wir schon im letzten Punkt betrachtet haben.
Das größere Problem aber ist, dass die Top 5 unter Christen meiner Meinung nach total identisch sind. An Punkt 6 kommt dann sicher noch Jesus, aber mehr als das Sahnehäubchen auf dem selbstbestimmten Leben.

Ich lese bei Jesus aber nicht, dass er sagt „Trachtet zuerst nach Familie, Job, Haus, Auto, Sport und Urlaub, auf dass euch das Reich Gottes auch noch zufallen wird.“
Woran ich das mangelnde „Zuerst Trachten nach dem Reich Gottes“ festmache?
Wenn ich mit meinen Freunden spreche, die in klassischen Gemeinden als Pastoren arbeiten, höre ich oft, dass sie kaum Bereitschaft für Termine neben dem Gottesdienst finden. Schon ein Hauskreisbesuch neben dem Gottesdienst ist für viele schon nicht drin, ganz zu schweigen von einer Bereitschaft, sich aufopfernd einzubringen.

Als wir mit All Nations vor einigen Jahren Trainings anboten, schrieben wir – zugegeben recht provokant – in unseren Flyern:
Gib uns 2h deiner Zeit jede Woche – und wir können dir so gut wie garantieren, dass du in einem Jahr deine erste Person getauft hast.
Wir wiederholten diese Herausforderung in Trainings.
Responserate: Null. Keine einzige Person sagte: Klar, die zwei Stunden investiere ich natürlich.

Anfang des Jahres sprach ich mit einem jungen Gemeindegründer, der im letzten Jahr zusammen mit einem Team rund 600 Leute in Evangelisation trainiert hat. Ich fragte ihn, wie viele der Trainierten das Gelernte nun wirklich in die Tat umsetzen.
Seine Antwort: Etwa sechs, wobei dabei auch einige Leute waren, die ihn selbst aufgesucht haben, um trainiert zu werden, sodass die Quote von 1% auch kein realistisches Bild von ganz normalen Gemeindemitgliedern wiedergibt.
Auch ich habe in den Gemeinden, in denen ich Trainings gemacht habe, nachgehakt und kam zu keiner wirklich besseren Quote.

Im Anschluss danach fragte ich Ying Kai, welche Response-Rate er bei seinen Trainings in China erlebte (also wieviel Prozent das Gelernte wirklich in die Tat umsetzten).
Seine Antwort: 15-80%

Wow, wir wären ja schon mit 15% hoch zu frieden.

Nun kann man vielleicht sagen, dass Ying sicher besser trainiert als wir. Keine Frage. Allerdings habe ich Ying schon einige Male hier in Deutschland übersetzt. Ich erinnere mich noch gut an eine Predigt in einer Gemeinde, bei der zum Schluss seiner Predigt, die Zuhörer aufforderte, sich dazu zu verpflichten, ihr Leben dafür einzusetzen. Die Resonanz war nicht besser als bei uns.

Ich sprach mit einem Freund über diese Problematik. Am Ende war unser Konsens, dass sich der Trainingsaufwand eigentlich nur bei Leuten bis zum Studentenalter lohnt und dann erst wieder, wenn Leute in Rente gegangen sind und wieder mehr Zeit und Flexibilität haben.
Als ich diese Einschätzung ganz bewusst bei einem meiner letzten Gemeindetrainings teilte, waren einige Teilnehmer nicht erfreut darüber. Allerdings fragte ich einige Monate nach dem Training bei einem Pastor in der Gemeinde nach, wer seiner Ansicht nach Dinge wirklich umsetzt. Die Antwort war „Das Training hat viele angesprochen und ermutigt, aber eine wirkliche Umsetzung im Alltag der einzelnen sehe ich nicht.“

David Watson erzählte bei einem Training einmal, dass die Nr.1 Gemeinsamkeit  unter ihren 50 erfolgreichsten Gemeindegründern in Indien war, dass alle 50 Gemeindegründer 2 Stunden täglich beteten.

Curtis Sergeant erzählte mal, dass man Ying Kai normalerweise nicht mit kurzen Hosen sieht. Aber sonst würde man die Schwielen an seinen Knien sehen. Curtis besuchte Ying und Grace einmal in ihrer Wohnung in Hongkong. Yings Fußboden hatte einen Fußboden. An der Stelle, an der Ying jeden Tag betete, sah man zwei Dellen im Holzfußboden.

Heidi Baker sagte mal: „All fruitfullness flows from the Secret Place.“ Grob übersetzt: Jede Frucht fließt aus dem stillen Kämmerlein.

Das ist auch der Grund, warum ich in meinen Trainings immer sage, dass keiner sich durch ein schlechtes Gewissen oder durch Druck motivieren soll, anderen von Jesus weiterzusagen. Aber ich fordere jeden heraus, regelmäßig für Freunde zu beten. Denn das verändert etwas, auch uns selbst.

Floyd McClung sagte mir vor gut zehn Jahren einmal: Wenn wir in unseren Gemeinden weiterhin so wenig opferbereit sind, werden wir auch weiterhin keine anderen Resultate sehen.
Dieser Satz gilt sicherlich auch noch heute.
Ohne eine größere Hingabe bzw. Opferbereitschaft werden wir keine Bewegung in Deutschland sehen.