Während das Evangelium an sich wirklich gute Botschaft ist (und auch sein sollte), sehe ich weit verbreitet eher eine bestenfalls mittelmäßige Botschaft (wenn nicht schlechte Botschaft) als das „Evangelium“ verkündet.
Heute möchte ich damit beginnen, diesen Eindruck an Hand der vier wohl bekanntesten Werkzeuge, “das Evangelium” weiterzugeben, näher zu begründen.
Ich habe die folgenden „Evangeliums-Weitergabe-Tools“ im Visier:
Für heute beginnen wir mit dem ersten Tool, die weiteren Punkte folgen in den nächsten Tagen.
1. Die Brücke
Ich vermute, jeder Christ, der schon ein bisschen länger in irgendeiner Gemeinde unterwegs ist, hat so eine Zeichnung schon mal gesehen:
Diese Zeichnung malt man auf irgendeinen Zettel, Serviette oder Bierdeckel, um dem Gegenüber „das Evangelium“ zu erklären. Was sagt man dabei?
Sinngemäß verkürzt folgendes: Auf der linken Seite steht der Mensch (oder du). Auf der rechten Seite steht Gott. Was die Menschen von Gott trennt ist ihre Sünde. Der einzige Weg, wie der Mensch zu Gott kommen kann, ist durch das, was Jesus am Kreuz getan hat (dann malt man das Kreuz in die Mitte): Er ist für unsere Sünden gestorben und macht so den Weg frei für dich zu Gott.
Soweit die Zeichnung. Grundsätzlich ist daran nicht so richtig was falsch, allerdings frage ich mich, wer diese Zeichnung einem Freund, Bekannten oder Unbekannten mal aufgemalt hat und dann gehört hat: „Wow, was für eine geniale Nachricht. Danke, dass du sie mir erzählt hast.“?
Korrigiert mich gern, aber ich habe diese Zeichnung in der Vergangenheit unzählige Male benutzt, aber ich habe noch NIE so eine Antwort gehört.
Worauf ich hinaus will: Die Aussage der Zeichnung selbst mag zwar theologisch richtig sein, aber ich bezweifle, dass es so – wie das Ganze in der Regel vorgetragen wird – die gute Nachricht ist. Denn bei einer guten Nachricht müssten zumindest öfter die Mundwinkel des Hörenden nach oben gehen als ich das je wahrgenommen habe. Die einzige Bewegung, die ich bei dieser Zeichnung bisher erlebt habe, ist das Schulterzucken des Gegenübers, im Sinne von: Okay, schön für dich, wenn dir das was bringt.
Natürlich kann man jetzt sagen, dass Deutschland einfach ein sehr verschlossenes Land ist und dass deshalb die Leute nicht wirklich offen für das Evangelium sind, aber ich frage eher anders herum: Ist das, was wir da weitergeben, wirklich die Gute Nachricht?
Für mich klingt das eher wie die Betonung einer schlechten Nachricht „Du bist ein Sünder und deine Sünde trennt dich von Gott“ mit einer Option, was du dagegen tun kannst, damit Gott nicht mehr sauer auf dich ist und dich dann irgendwann zu sich lässt.
Das erinnert mich an etwas, was ein Gemeindegründerkollege letztens so beschrieb: Er hatte seinem Freund „das Evangelium“ erklärt, worauf dieser dann betroffen verstellte, dass er zum jetzigen Zeitpunkt nicht in den Himmel käme und darauf hin sagte: „Das heißt ich müsste noch, bevor ich sterbe, eine Entscheidung getroffen haben, um in den Himmel zu kommen.“
Das mag zwar richtig sein, aber nach einer Antwort wie „Wow, das ist aber ne coole Nachricht“ hört es sich nicht an, mehr wie das Wahrnehmung einer „Option für den Himmel“.
Diese Überbetonung bzw. Fehlbetonung auf das Jenseitige, das Leben nach dem Tod, Himmel oder nicht, wird besonders beim nächsten Beispiel (Evangelisation Explosiv) deutlich, aber eins nach dem anderen.
Vor allem fußt die gesamte Theologie von der Trennung von Gott und Menschen durch die Sünde auf heidnischem, dualistischem Denken (hier Mensch, dort Gott) und wird mit einer einzigen Bibelstelle „getauft“: Jes. 59,2 – „eure Verschuldungen scheiden euch von eurem Gott“.
Das aber impliziert, dass der Mensch ohne Gott existieren könnte – dem widersprechen viele Bibelstellen (z.B. Kol 1,16+17 oder Römer 8) und ich kenne keine sonst, die eine solche Trennung supporten würden. Wie auch? Wir sind Geschöpfe Gottes – er ist alles in allem – ohne ihn können wir nicht leben, auch nicht eine Sekunde.
Die Jesaja-Stelle zu generalisieren und ein komplettes theologisches Weltbild darauf zu bauen, dem viele andere Bibelstellen widersprechen, das finde ich schon gewagt.
Ich kann mich dem nur anschliessen, darum bin ich gespannt auf die drei Fortsetzungen!
Wow, das trifft den Nagel so sehr auf den Kopf. Es elektrisiert mich förmlich das zu lesen. Die ganze Tragik und Dramatik der vergangenen Jahre ist förmlich körperlich spührbar. Ich kann die Fortsetzung kaum abwarten. Schön, dass du wieder öfter schreibst. Segen, Daniel
[…] der Brücke im letzten Post geht es heute um ein Tool, das 1962 in den USA entwickelt wurde. Das schreibe ich, damit wir im […]
Ich bin anderer Meinung.
1. Bewertungskriterium: „gut ..“
Ich denke nicht, dass es ausreicht die Methoden anhand von einem Adjektiv abzuleiten. Also anhand von dem Wort „Gut“ aus „guter Nachricht“ alleine zu beurteilen ob das Werkzeug ein so gewaltiges Thema wie die Rettung der Menschheit durch Jesus ausreicht. Warum? = Schließlich hat Gott eine ganze Bibel, um uns von seiner Rettung / Liebe zu berichten, verwendet. Und die ist sehr Bund.
2. Umstand
Entscheidend für die Verwendung von Werkzeuge bei der Erklärung ist zu 50% wer mein gegenüber ist. Einem Kind werde ich ein Auto anders erklären als einem Freund, dem ich dann von de PS und Hubraum … :) erzähle und schwärme. Als auf die Brücke würde ich sagen ist eine wichtige Frage auf welchem „Level“ mein Gegenüber ist: Glaubt er dass es einen Gott gibt, weiß er dass wir eine Verantwortung haben / Sünde uns Schuldig macht, … DANN muss ich ihm erklären wie weit er von Gott entfernt ist und was Sünde für eine Auswirkung hat.
Da kann eine kleine Zeichnung mit einer Brücke hilfreich sein. Die muss auch nicht gleich Ektase auslösen.
3. Ziel: Wow
Das Ziel einen Menschen durch Erklärungen zu der Empfindung „Wow“ zu verhelfen ist bei der Wichtigkeit der Botschaft nicht immer möglich. Es gibt Menschen die das Problem der Verlorenheit oder der Suche nach Vergebung, Sinn so lange oder intensiv mit sich rum schleppen und dann in staunen bis zu Freude schreie ausbrechen wenn man ihnen von Jesus erzählt. Aber wir müssen davon ausgehen, dass wir auch zum Teil so nüchternes Zeug erklären wie die Wichtigkeit bei der Bundestagswahl zu wählen. Da kann man dann auch nicht erwarten, dass er oder sie „Wow“ ruft. Da sollte uns bewusst sein, dass Menschen so unterschiedlich sind wie die Farben. Mache verstehen intellektuell und handeln dann einfach nach Gottes Willen. Andere brauchen herzliche Wärme und suchen Menschen den sie vertrauen können. usw.
FAZIT:
Ein Werkzeug ist nur so gut wie der Benutzer es in der richtigen Situation, mit dem richtigen Geschick zu benutzen weiß!
Zunächst möchte ich auf den Leitfaden für Kommentare hinweisen, hier besonders auf die Maximallänge von 250 Wörtern. Aber das gilt nicht nur für deinen Kommentar, Roman. Diskussion ist immer toll und die rege Teilnahme freut mich, aber bei so einem Medium hier muss man aufpassen, dass die einzelnen Kommentare nicht zu lang werden.
Auch ich werde versuchen, mich daran zu halten.
Aber nun konkret zu deinem Kommentar: Ich glaube, du hast noch nicht verstanden, was ich meine. Ich bin davon überzeugt, dass die gute Nachricht wirklich gut ist. Und wenn wir sie nicht als gut ansehen (was ich von vielen Christen höre), dann stimmt was nicht mit dem, was wir als Evangelium annehmen. Und ich glaube ebenfalls, dass es meist genau daran liegt, dass die wenigsten Christen wirklich gern von diesem Evangelium weiter erzählen. Und hier hilft nicht „schlechtes Gewissen machen“, sondern ein Neuentdecken des Evangeliums. Von daher: Warte doch mal, was demnächst an positiver Füllung kommt. LG! David
Also ich muss Roman da zustimmen. Die Zeichnung ist wirklich ein einfaches werkzeug welches hilfreich sein kann. Was es bedeutet das wir durch Jesus Zugang zu Gott haben, kann man ja durchaus noch beliebig ausführlich erklären. Ist es nicht gute Nachricht das wir durch Jesus die Ewigkeit bei Gott verbrigen dürfen? In Freude, Liebe, Trost etc.. Und diesen Frieden, die Freude, die Liebe dürfen wir auch jetzt schon in unserem Leben erleben wenn wir es mit Christus leben. Das alles u.v.m. kann man ja zur Zeichnung dazu sagen.
[…] gedacht haben: Wirklich? Das Evangelium? Das kennen wir doch schon. Wir sind doch schon Christen. (Detaillierter gehe ich auf die Probleme der Evangelium-Weitergabe-Werkzeuge in dieser Reihe ein) […]
Hallo David,
hast Du denn noch einen 5. Punkt zu dieser Reihe geschrieben? Bzw. ein Fazit, also was „Das Evangelium“ nun wirklich bedeutet, bzw. wie man es richtig vermitteln sollte?
Gottes Segen
Hallo Julia,
der erste Post zur positiven Antwort ist dieser hier:
http://www.organischegemeinde.de/2013/11/das-evangelium-gute-nachricht-die-erste-gaensebluemchen-oder-rose/
Da sage ich schon am Anfang, dass ich mehrere Aspekte der guten Nachricht sehe. Um einen weiteren zu erläutern, habe ich die Heilungsserie angefangen.
Im Einführungspost zu der Heilungsserie kannst du sehen, welche Themen da noch kommen. Aktuell stehen noch zwei Posts zum Thema Glauben an, zu denen ich bisher noch nicht gekommen bin, sie fertig zu schreiben, da wir hier vor Ort viel zu tun haben und ich gestern erst von einem Training aus den USA wieder kam. Nach diesen beiden aber ist der Post „Rettung – ein verengter Begriff“ dran, da wird dann klar, dass wir typischerweise das Retten viel schmaler betrachten als es m.E. bei Jesus der Fall gewesen ist.
Wenn du fragst, welches Evangeliums-Weitergabe-Tool ich denn aktuell verwende, dann muss ich sagen: Eigentlich keins. Mein Weg zu Jesus ist oft ein ganz anderer, da geht’s mehr um die Person Jesu, weniger um „Richtigkeiten“, die man als Weltsicht zu glauben hat. Darüber hinaus geht es mir nicht nur um Evangelisation, sondern um Jüngerschaft. Und da ist man eh in einem Prozess mit Menschen.
Wenn ich aktuell ein Tool verwenden müsste, wäre es wohl eine stark abgewandelte „Brücke“ benutzen (z.B. ohne Jesaja 59,2 und mit viel mehr guter Nachricht, die man glauben darf, und weniger Option). Weiß nicht, ob das so kurz Sinn macht. Vielleicht mache ich mal ein Video davon, aber das wird sicher noch was dauern, da stehen auf der Prioritätenliste noch einige Dinge davor.
Hoffe, das hilft dir ein bisschen.
LG aus Hamburg!
David
Danke für Deine schnelle Antwort. :-)
Ok, ich verstehe jetzt, was Du damit meinst. Dass „Das Evangelium“ eben nicht nur die Sündenvergebung durch das Opfer von Jesus bedeutet/beinhält, sondern noch vieles mehr: z.B. die neue Identität in Ihm, übertragene Vollmacht, Geistesgaben, undundund…
Leider wird das bei vielen „Bekehrungs-Seiten“ im Internet nicht erwähnt. Oder nur ganz wenig am Rande. Ich finde es auch wichtig, weil ja gerade das Leben im Geist das ist, worum es im Glauben geht… Also dass man Gott persönlich erlebt (Gegenteil von einem Kopfglauben) und diese Erfahrung praktisch weitergibt: Leuten prophetisch dient oder heilt etc. …
LG