Pessimistisch könnte man es auch so ausdrücken:
7 Gründe, warum wir in Deutschland wohl keine Bewegungen sehen werden.
Aber dieser Blogpost ist kein Ausdruck von Pessimismus oder Resignation. Ich hisse nicht die weiße Fahne, ich gebe nicht auf. Vielleicht eher: „Jetzt erst recht!“
Vor 13 Jahren habe ich so etwas wie meine Lebensberufung gefunden oder wohl besser gefunden bekommen. Seitdem versuche ich, meine Begabungen dafür einzusetzen, dass wir in Deutschland wieder Bewegung sehen. Auch im Jubiläumsjahr der Reformation bleibt das so. Aber nach 13 Jahren habe ich hoffentlich einiges gelernt (wäre ja auch schlimm, wenn nicht) und wohl meine Blauäugigkeit abgelegt.
Wer Bewegungen hier und heute sehen will, geht besser in ein anderes Land. Viele meiner Freunde, die ich sehr schätze und hochachte, tun das seit Jahren und erleben dort viele geniale Sachen.
Wer sie dennoch hier sehen will, für den ist es besser, die Riesen zu kennen, gegen die er gewinnen muss. Menschlich betrachtet hätte David besser die Beine in die Hand genommen nachdem er Goliath sah. Nach menschlichem Ermessen hätten die 300 Männer nie und nimmer gegen die Midianiter gewonnen. Nach menschlichem Ermessen hätten Abraham und Sarah auch keine Kinder mehr bekommen können.
All diese Beispiele sollen deutlich machen, was wir brauchen. Wir brauchen ein Wunder. Eine Bewegung wird nicht eben mal so passieren. Wir müssen nicht einfach nur die richtigen Leute finden. Wir brauchen ein Wunder. Die richtigen Werkzeuge reißen es nicht raus. Wir brauchen ein Wunder. Ohne ein riesiges Wunder werden wir gar nichts in Richtung Bewegung sehen, dafür sind die Berge, die uns im wegstehen, viel zu groß.
Aber wer es mit Riesen aufnehmen will, sollte seine Gegner kennen. Wer ein Ziel erreichen will, sollte die Berge kennen, die ihm im Weg stehen.
2004, als ich Neil Cole bei seinem ersten Besuch in Deutschland übersetzte und anschließend die rote Pille schluckte, hatte ich keine Ahnung von diesen Bergen.
Und da ich vermute, dass es noch einige Weggefährten gibt, die sich ähnliches in Deutschland wünschen, hier mal ein paar Berge, die Bewegungen im Weg stehen und entweder überwunden oder abgerissen werden müssen:
- Wir leben in Städten
- Uns geht es materiell zu gut
- Wir erleben keine Verfolgung
- Unser gesellschaftliches Umfeld und Zeitgeist
- Mangelnde Hingabe und Opferbereitschaft
- Unser Gemeindeverständnis
- Unser rationalistisches Weltbild bzw. unsere Theologie
Rund um unseren Globus entdeckt man heute Gemeindegründungsbewegungen. Hunderttausende, ja Millionen von Menschen sind in den letzten Jahren zum Glauben an Jesus gekommen. Jünger machen andere zu Jüngern, die wieder andere zu Jüngern machen. Viele, sehr viele Gemeinden sind entstanden. Aber auf so gut wie alle Bewegungen, ob in China, Indien, Afrika, Mittelamerika, trifft oder traf Folgendes zu:
Sie geschehen in ländlichen Gebieten.
Die Menschen sind vergleichsweise arm.
Die Christen erleben Verfolgung.
Menschen sind auch aufgrund der Lebensumstände geistlich offen.
Neue und alte Christen opfern viel für ihren Glauben.
Einfache Gemeindestrukturen sind notwendig, aber auch akzeptiert.
Christen folgen dem Vorbild von Jesus und der ersten Christen.
Damit sind sie genau das Gegenteil zu den genannten Punkten.
Soweit als Überblick. In den kommenden Wochen werde ich auf die sieben Hürden jeweils einzeln näher eingehen.
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Kommentare und Fragen lese ich jederzeit gern.
Und sehr gern dürft ihr den Artikel mit anderen teilen. Danke!
Hallo
Meine Frage wird sich sicher bal beantworten, warum sind Städte ein Hindernis für organische Gemeinden?
Hallo Pascal,
danke für deine Frage.
Ja, ich werde diese Frage bereits im kommenden Post thematisieren.
LG!
David
Sehr interessant in dem Zusammenhang auch die Sendschreiben: Smyrna und Philadelphia (die einzigen Gemeinden ohne das „Aber ich habe gegen dich, dass…“) im Vergleich zu den anderen Gemeinden und deren Umständen. Genau wie du es beschreibst – nicht nur was Wachstum/Bewegung betrifft, sondern auch für die interne Gesundheit der Gemeinde scheint Wohlstand und Komfort pures Gift zu sein. Ich habe aber eine große Frage: Heißt in Deutschland/in Städten zu leben zwangsläufig in Komfort und Sicherheit zu leben? …oder gibt es vielleicht auch in Deutschland diverse Subkulturen mit komplett anderer Atmosphäre? …echte Verlorenheit, die des Retters bedarf; echte Dunkelheit, in der wir hell scheinen könnten? …eine große geschmacklose Suppe, die nur darauf wartet, dass sich unser christlicher Klumpen Salz auflöst? Wo würde Jesus in Deutschland seine Zeit verbringen? Wie ich ihn kenne würde er uns zum Thema „keine Christenverfolgung in Deutschland“ schnell eines besseren belehren. ;-)
Hallo Marvin,
schön, dich hier zu lesen.
Sehr gute Fragen! Das liebe ich! Lass uns mal nach dem nächsten Post dazu diskutieren. Ich vermute, dass einige der nächsten Impulse in deine Richtung gehen, aber höre sehr gerne deine Gedanken dazu!
Viel Segen!
David
Ich freu mich drauf! :-)
Lieben Gruß!
Nachdenkenswert!
Mir fällt noch eine weitere Hürde ein: „Es gibt ein Überangebot an alternativen Bewegungen“.
Moderne Menschen haben ihre begrenzte Aufmerksamkeit anhand eines Überangebotes an Zerstreuung, Information, Meinungen, Events zur Selbsterfahrung und Angeboten zu verteilen. Die Erfahrung des „Aufatmens“ zu der Jesus eher mit leiser Stimme einlädt: „Kommet her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid.“ (Mt. 11) wird angesichts der anderen Marktschreier, die ihre Angebote hinausposaunen weniger wahrgenommen. In Zeiten inflationärer Angebote fällt es wohl schwer die Spreu vom Weizen trennen. Unterstützung wird erst gesucht, wenn alle anderen Kompensationsmöglichkeiten scheitern, aufgrund ernster (Zivilisations-)Krankheiten, Überforderung mit der Alltagsbewältigung und wiederholter Beziehungskrisen. Insofern könnte ein Segen und Aufwachen im fortgesetzten „scheitern“ liegen. Es könnte dazu dienen „gescheiter“ zu werden und sich wieder zu besinnen, wie die Aufmerksamkeitsfokussierung auf Sinnvolleres und Wichtigeres gelingen kann.
Dank dir, Ingo.
[…] Dies ist ein Nachtrag zu dem Post von gestern. […]
Hallo David, danke für Deine Leidenschaft für Jesus und sein Königreich! M.E. kann man Punkt 4. noch präzisieren: Wir leben in einer nachchristlichen Gesellschaft. Nach meinem Eindruck geschehen die hochdynamischen Aufbrüche in Kulturen, die nicht christlich oder noch stark christlich geprägt sind. Ich bete trotzdem für eine Erweckung bzw. Bewegung! Gruß – Julian
Es gibt noch eine große Hürde: Esoterische Angebote, die ein „spirituelles, wohlschmeckendes all-you-can-eat Buffet“ servieren. Das wird meistens zuerst durchprobiert. Erst wenn man feststellt, dass man davon beachtliche Beschwerden bekommen kann, wächst Resignation und Ernüchterung. Dann ist man doppelt vorsichtig und skeptisch, weil man Angst hat vor weiteren „spirituellen Bauchlandungen“.
Hallo Elisabeth,
danke für deinen Kommentar.
Ein paar Gedanken dazu:
– Zum einen sehen wir das in Athen schon in der Bibel (Apg 17) und schon da war das kein Hinderungsgrund, zeigte es doch eher die generelle spirituelle Offenheit.
– Zum anderen sieht die Situation in Indien sicher noch drastischer aus, aber auch dort bringt die generelle spirituelle Kultur auch eine grundsätzliche Offenheit gegenüber Übernatürlichem mit. (Im Gegensatz zum rationalistisch geprägten Deutschen)
– Zu guter Letzt sehen wir auf unseren Einsätzen auf Esoterikmessen, dass dort Menschen an unserem Stand sehr offen für Gottes Wirken und Reden sind. Und oft treffe ich auf der Messe auf einen größeren Glauben und eine größere Offenheit für Gottes übernatürliches Wirken als in manchen konservativen Gemeinden.
Ganz liebe Grüße
David